Sportbundtag des Landessportbundes Hessen (lsb h) in Wiesbaden Juliane Kuhlmann als Präsidentin wiedergewählt
Das Votum zugunsten der 48-jährigen Diplom-Agrarökonomin fiel eindeutig aus: 186 der knapp 200 Delegierten aus Sportkreisen und Verbänden stimmten für Kuhlmann, die im Juni 2022 die Nachfolge des langjährigen Präsidenten Dr. Rolf Müller angetreten hatte. Neu ins Präsidium gewählt wurde Jörn Metzler (Weilmünster), der als Vizepräsident künftig den Bereich Finanzmanagement verantwortet. Der Vorsitzende des Sportkreises Limburg-Weilburg folgt auf Helmut Meister (Schlüchtern). Nach fast 35 Jahren im Amt trat er nicht mehr an und wurde einstimmig zum Ehrenmitglied des Präsidiums ernannt. In ihren Positionen bestätigt wurden Ralf-Rainer Klatt (Sportentwicklung), Uwe Steuber (Kommunikation und Marketing), Annika Mehlhorn (Leistungssport), Katja Köhler-Nachtnebel (Schule, Bildung und Personalentwicklung) und Malin Hoster (Kinder- und Jugendsport). Vakant ist der Posten des Vizepräsidenten Vereinsmanagement, da Dr. Frank Weller seine Wiederwahl nicht annahm.
Welchen Stellenwert hat der Sport in diesen herausfordernden Zeiten? Und wie steht es um seine Finanzierung? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Sportbundtages, das höchste Entscheidungsgremium des lsb h. Alle drei Jahre treffen sich Delegierte aus ganz Hessen, um die Zukunft des organisierten Sports mitzugestalten. Sie verabschiedeten etwa die „Wiesbadener Erklärung“, die einen klaren Appell an Bund, Land und Kommunen richtet. Der Tenor: Das Sondervermögen nutzen und mehr Geld in Sportstätten investieren, weil der Sanierungsstau hoch ist. Besonders den Landesanteil am Bundes-Sondervermögen nimmt das Papier in den Blick. Dessen Stellenwert betonte auch Präsidentin Kuhlmann. In Richtung Ministerpräsident Boris Rhein und Sportministerin Diana Stolz appellierte sie: „Setzen Sie ein klares landespolitisches Signal. Bekennen Sie sich zu einer starken Sportförderung. Nutzen Sie die Spielräume des Sondervermögens und investieren Sie in Sportstätten – mit mindestens zehn Prozent des Landesanteils.“ Wieviel die Landesregierung bereitstellen wird, ließ Ministerpräsident Rhein am Samstag offen. Er lobte den lsb h, der das „Rückgrat des Sports“ sei und dankte für die partnerschaftliche, konstruktive und manchmal auch kritische Zusammenarbeit: „Unsere Partnerschaft lebt von Offenheit. Sie lebt von Kritik. Sie lebt von dem Willen, gemeinsam voranzukommen.“ Zwei Förderbescheide hatte der Ministerpräsident mitgebracht. Rund 450.000 Euro erhält der Olympiastützpunkt (OSP) Hessen, mit 200.000 Euro werden leistungssporttreibende Vereine unterstützt.
Dass vitale Sportvereine und eine intakte Infrastruktur gesamtgesellschaftlich betrachtet von hoher Bedeutung sind, wurde in Wiesbaden in vielen Reden hervorgehoben. Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) betonte den Stellenwert einer nachhaltigen Förderstruktur. Diese sei die Basis, eine gesunde, aktive und solidarische Gesellschaft von morgen aufzubauen. „Nur so wird es gelingen, Deutschland wieder fit zu machen für die Herausforderungen, vor die uns die künftige Weltordnung stellen wird“, bekräftigte Weikert. „Gerade in Zeiten, in denen sich viele Menschen nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Orientierung sehnen, leisten die Sportvereine einen unschätzbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagte Kuhlmann. Die lsb h-Präsidentin verwies darauf, wieviel die hessischen Vereine in den vergangenen Jahren geleistet haben – etwa bei der Integration von Geflüchteten oder während der Corona-Pandemie mit kreativen Angeboten. „Der hessische Sport packt an, wenn es darauf ankommt. Dies und seine vielfältigen Leistungen für die Gesellschaft machen ihn zu einem ganz zentralen Politikfeld“, betonte Kuhlmann und fügte hinzu: „Wir wünschen uns, dass Politik und Medien diesen gesellschaftspolitischen Dimensionen des Sports noch mehr Aufmerksamkeit schenken.“
Die Zusammenarbeit mit der Landesregierung bezeichnete Kuhlmann als „sehr partnerschaftlich“, die Unterstützung in den vergangenen Jahren sei groß gewesen. „Vor allem danke ich für die Hilfen während der Pandemie und der Energiekrise – damit haben Sie vielen Vereinen das Überleben gesichert.“ Auch die Kommunen seien wichtige Ansprechpartner, Unterstützer und Förderer vor Ort, unterstrich Kuhlmann. Doch die schwierige Haushaltslage auf Landes- und kommunaler Ebene bereitet der Dachorganisation große Sorgen. Deshalb mahnte die lsb h-Präsidentin mit deutlichen Worten in Richtung Politik: „Sparen Sie nicht an den ohnehin kleinen Haushaltstiteln für den Sport, die vor Ort aber den größten Unterschied machen. Sparen sie nicht an der Sportförderung, die vor Ort bei den Vereinen und den Bürgerinnen und Bürgern ganz konkret erlebbar ist.“ Vereinssport bringt Menschen in Bewegung, steigert ihr Wohlbefinden – aber nicht nur das. Hier wird Gemeinschaft gelebt und Verantwortung übernommen, wie Sportministerin Stolz hervorhob. „Wir können uns in Hessen glücklich schätzen, dass so viele Ehrenamtliche den Sport am Laufen halten.“ Der lsb h, so Stolz, sei „das starke Band“, das den Sport mit seiner engagierten Arbeit stärke und Zukunftsperspektiven eröffne.
Dass die hessischen Vereine auf den lsb h als verlässlichen, entwicklungsfähigen Partner bauen können, untermauerte Kuhlmann. Die lsb h-Präsidentin skizzierte die innerverbandlichen Entwicklungen in ihrer ersten Amtszeit, in der das Präsidium drei Themen besonders in den Blick nahm: Digitalisierung, Safe Sport und Organisationsentwicklung. „Der lsb h ist stark, weil er auf verlässlichen Strukturen aufbaut“, betonte Kuhlmann, sagte aber auch: „Diese Strukturen stammen in ihren Grundzügen noch aus dem letzten Jahrhundert. Und die Welt um uns herum hat sich seitdem tiefgreifend verändert: Digitalisierung, neue Kommunikationsformen und Erwartungen an Ehrenamt und Hauptberuf sowie veränderte Zeitbudgets – all das fordert uns heraus.“ Die eigene Organisation kritisch zu prüfen und dabei auch die Satzung unter die Lupe zu nehmen, sei deshalb eine zentrale Aufgabe. „Es geht darum, ob unser Verband so aufgestellt ist, dass er auch in zehn oder 20 Jahren noch handlungsfähig, attraktiv und nah an den Vereinen ist.“
Von den jüngsten Entwicklungen im Bereich Digitalisierung profitiert die Basis bereits jetzt, denn über ein innovatives Online-Portal können etwa wesentlich leichter Förderanträge gestellt werden. Entlastet werden die Ehrenamtlichen in den Vereinen auch dadurch, dass Vereinsmanager*innen und Übungsleiter*innen mittlerweile pauschal bezuschusst werden. „Wir erreichen mit diesen Anpassungen deutlich mehr Vereine als vorher“, berichtete Kuhlmann. Erfreuliche Entwicklungen gab es in den vergangenen drei Jahren viele – so beispielsweise in einem Bereich, der für Vereine besonders wichtig ist: Bildung und Qualifizierung. „Wir haben unsere Übungsleiter- und Vereinsmanagerausbildungen weiterentwickelt, modularisierte Qualifizierungsbausteine eingeführt und mit Blended-Learning-Konzepten und einer kompetenzorientierten Ausrichtung mehr Menschen erreichen können. Das Ergebnis: mehr Nachfrage und größere Akzeptanz“, freute sich Kuhlmann.
Im Sinne der Vereine agieren, ihre Bedürfnisse stets im Blick behalten – das prägt die Arbeit des lsb h auch in finanziell herausfordernden Zeiten. Dabei agiert die Dachorganisation umsichtig, wie der scheidende Finanzchef Meister bei der Vorstellung der ausgeglichenen Haushaltsabschlüsse für die Jahre 2022 bis 2024 betonte. „Wir waren immer in der Lage, allen finanziellen Verpflichtungen termingerecht nachzukommen“, bilanzierte Meister, der wenige Minuten später unter großem Applaus der Delegierten zum Ehrenmitglied des Präsidiums ernannt wurde. „Der Sport und der Landessportbund Hessen haben sein Leben umfassend geprägt und er hat den Landessportbund geprägt“, sagte Kuhlmann in ihrer Laudatio und bezeichnete Meister als „Glücksfall für den hessischen Sport. Ihn zielgerichtet weiterzuentwickeln, obliegt nun dem neu gewählten Präsidium.